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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.01.2009
Aktenzeichen: 3 O 10/09
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 118 Abs. 1 | |
VwGO § 122 Abs. 1 |
Gründe:
Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 02. Dezember 2008 ist begründet. Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der berichtigte Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07. Juli 2008, mit dem es das Verfahren auf die übereinstimmend erklärte Erledigung in der Hauptsache eingestellt und über die Kosten entschieden hat, nicht anfechtbar ist (§ 158 Abs. 2 VwGO und § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog). Mit der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 02. Dezember 2008 über die Berichtigung des Einstellungsbeschlusses wird nämlich kein zusätzliches Rechtsmittel zur Überprüfung des Einstellungsbeschlusses zur Verfügung gestellt. Denn Gegenstand der Beschwerde ist nicht die Richtigkeit des Einstellungsbeschlusses, sondern allein die Befugnis zu dessen Berichtigung (vgl. BayObLG, B. v. 13.12.1995 - 3Z BR 328/95 -, NJW-RR 1997, 57; Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, zu § 118 Rdnr. 33).
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss angenommen, die Fassung des Rubrums und den Tenor der Kostenentscheidung in dem Einstellungsbeschluss vom 07. Juli 2008 berichtigen und die Beschwerdeführer zu 1. anstelle des Beschwerdeführers zu 2. als zur Kostentragung verpflichtete Kläger aufnehmen zu können.
Gemäß § 118 Abs. 1 VwGO, der nach § 122 Abs. 1 VwGO auch für Beschlüsse entsprechende Anwendung findet, sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit vom Gericht zu berichtigen.
Die Bezeichnung des Beschwerdeführers zu 2. als Kläger in dem Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 07. Juli 2008 stellt zwar eine offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 118 Abs. 1 VwGO dar. Denn nach dem Akteninhalt liegt klar und offen zu Tage, dass die Beschwerdeführer zu 1. und nicht der Beschwerdeführer zu 2. Kläger in dem Verfahren gewesen sind. Insoweit führt das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Berichtigungsbeschluss zu Recht aus, dass die Klageschrift die Beschwerdeführer zu 1. als "sorgeberechtigte Eltern des minderjährigen Kindes A." und nicht das Kind selbst, den Beschwerdeführer zu 2., als Kläger bezeichnet. Die Formulierung in der Klageschrift lässt unzweideutig erkennen, dass die Beschwerdeführer zu 1. die Klage in eigenem Namen und nicht als gesetzliche Vertreter für ihren Sohn erhoben haben. Dafür spricht auch, dass in der Klagebegründung stets die Mehrzahl verwendet wird, wenn die klagende Partei bezeichnet wird. Das macht Sinn nur, wenn die Beschwerdeführer zu 1. und nicht der Beschwerdeführer zu 2. Partei im Verfahren sein sollen. Gestützt wird diese Deutung, wenn es in der Klagebegründung einleitend heißt, die Klage richte sich "gegen den Bescheid der Beklagten vom 07. April 2008, den Klägern zugegangen am 09. 04.2008 über die Zuordnung des Kindes in die Förderschule ..." (Hervorhebungen durch den Senat), mit der die Klagebegründung sorgfältig und klar die Beschwerdeführer zu 1. als Partei des Verfahrens einerseits von dem Beschwerdeführer zu 2. andererseits, der Gegenstand der von den Klägern angegriffenen Zuordnungsentscheidung des Beklagten gewesen ist, abgegrenzt. Entsprechendes gilt für den Hinweis in der Klagebegründung, "die Kläger verfolgen mit der Klage das Ziel, eine Einschulung ihres Kindes in der Schule (...) zu erreichen". Schließlich spricht für diese Deutung der inhaltliche Zusammenhang der Klage mit dem ihr als Anlage beigefügten Bescheid des Beklagten vom 07. April 2008, der an die Beschwerdeführer zu 1. und nicht an den Beschwerdeführer zu 2. gerichtet ist.
Gleichwohl kommt die Berichtigung der offenbaren Unrichtigkeit im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Denn § 118 Abs. 1 VwGO beschränkt die Möglichkeit der Berichtigung auf solche offenbaren Unrichtigkeiten, die Schreib- oder Rechenfehlern "ähnlich" sind. Da Urteile und Beschlüsse in Rechtskraft erwachsen und damit auch die Gerichte selbst binden, soll dem Gericht über die Möglichkeit der Berichtigung nicht die Befugnis eingeräumt werden, eine im Nachhinein als falsch erkannte Entscheidung jenseits des hierfür vorgesehenen Rechtsmittelzuges zu korrigieren (vgl. Clausing, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/u.a. <Hrsg.>, VwGO, zu § 118 Rdnr. 3; Kilian, a. a. O., Rdnr. 4). Deshalb kommt die Berichtigung auf der Grundlage des § 118 Abs. 1 VwGO nur in Betracht, wenn die offenbare Unrichtigkeit einem Schreib- oder Rechenfehler gleichkommt. Das ist nur der Fall, wenn es sich nicht um einen auf der inhaltlichen, die Willensbildung betreffenden, sondern um einen "technischen", auf der formalen Ebene liegenden Mangel bei der Umsetzung des Willens handelt (OVG Hamburg, B. v. 29.05.2002 - 4 So 55/01 -, Rdnr. 4 <zitiert nach juris>; Clausing, a. a. O; Kilian, a. a. O.).
Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Berichtigungsbeschluss dargelegt, die Bezeichnung des Beschwerdeführers zu 2. als Kläger in dem Einstellungsbeschluss beruhe auf einer bei Eingang der Klage unbemerkt gebliebenen fehlerhaften Datenerfassung, die auch bei der Abfassung des Einstellungsbeschlusses durch die Übernahme der Daten aus "EUREKA-Fach" unbemerkt geblieben sei, weil das Gericht die Fassung des Rubrums nicht einer weiteren Überprüfung unterzogen und seiner Entscheidung "ohne tiefgehende Willensbildung" zugrunde gelegt habe. Nach Auffassung des Senats kann die unreflektierte Übernahme von Daten aus einem elektronischen Textverarbeitungssystem zwar grundsätzlich eine einem Schreibfehler ähnliche Unrichtigkeit i. S. d. § 118 Abs. 1 VwGO darstellen, wenn der Beschluss des Verwaltungsgerichts im Übrigen keine Hinweise darauf erkennen lässt, dass die Fassung des Rubrums auf einer willentlichen Entscheidung des Gerichts beruht, die nicht lediglich auf der unbedachten Übernahme eines automatisiert erstellten Vordrucks beruht. Hier indes verhält es sich anders. Denn das Verwaltungsgericht hat mit der Einstellung des Verfahrens zugleich über den mit der Klageschrift eingereichten Prozesskostenhilfeantrag entschieden und den Antrag mit der Erwägung abgelehnt, er sei im Zeitpunkt des Wegfalls der Rechtshängigkeit nicht entscheidungsreif gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt keine Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse "des Klägers und seiner erziehungsberechtigten Eltern" vorgelegen hätten. Diese Wendung macht deutlich, dass das Gericht die Fassung des Rubrums und die Bezeichnung des Beschwerdeführers zu 2. als Kläger in seine Willensbildung bei der Beschlussfassung mit aufgenommen hat. Das Gericht differenziert hier nämlich zwischen dem minderjährigen Beschwerdeführer zu 2. auf der einen Seite, den es als Kläger ansieht, und dessen erziehungsberechtigten Eltern, den Beschwerdeführern zu 1. Dabei kann auf sich beruhen, welche Umstände dafür bestimmend gewesen sind, dass das Verwaltungsgericht die von der Klageschrift abweichende Fassung des Rubrums zugrunde gelegt hat. Denn die Begründung des Beschlusses mit der Unterscheidung zwischen dem als Kläger bezeichneten Beschwerdeführer zu 2. einerseits und dessen Eltern, den Beschwerdeführern zu 1., andererseits lässt erkennen, dass das Gericht die - im Nachhinein als fehlerhaft erkannte - Fassung in seinen Willen mit aufgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Festsetzung eines Streitwertes bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren nach der Ziffer 5502 der Anlage zu § 3 GKG eine Festgebühr i. H. v. 50,- € erhoben wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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